FAQ 19 – Wollen Sie die Homöopathie verbieten?

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Homöopathie verbieten? Nein, das wollen wir nicht und streben das demgemäß auch nicht an.

Äh – nee …

Wir haben aber gute Gründe, warum wir sie innerhalb der Medizin nicht für sinnvoll oder hilfreich halten. Natürlich kann jeder Mensch die Homöopathie für sich privat anwenden – und sie auch privat bezahlen. Wir möchten aber dafür sorgen, dass diese Menschen auch wissen, was Homöopathie denn nun wirklich ist. Denn gerade bei Homöopathie-Befürwortern herrscht da oft eine erstaunlich hartnäckige Unwissenheit. Die Hoffnung, dass Homöopathie wirken möge, ist berechtigt und in jedem Einzelfall verständlich. Dass sie jedoch so wirkt, wie Hahnemann sich das vor 200 Jahren ausgedacht hatte und wie es auch heute immer noch viele Homöopathen glauben, stimmt nicht. Wir verfügen heute über gute Erklärungsmodelle für die “Erfolge” der Homöopathie, die mit den Homöopathika selbst jedoch nur wenig zu tun haben. Wir möchten uns dafür einsetzen, dass Sie darüber mehr Informationen erhalten können.

Wir finden wichtig, dass Sie wissen, dass ein Festhalten an der Homöopathie nicht für eine bessere Medizin steht.

Homöopathie steht heute für:

    • Verlust der naturwissenschaftlichen Kompetenz

      Die Naturwissenschaften sind eindeutig in ihrem Urteil: Homöopathie kann aus naturwissenschaftlichen Gründen nicht wirken. Naturwissenschaften werden an Schulen und Hochschulen gelehrt. Wir sollten hier nicht Wissen und Glauben miteinander verwechseln und in falscher Toleranz beides lehren.

    • Verlust der erkenntnistheoretisch-philosophischen Kompetenz

      Die philosophische Frage “Wie können wir Wissen bekommen?” ist eine wichtige Frage, um die sich die Menschheit seit über 2000 Jahren intensiv bemüht. Es gibt heute Regeln, die dafür sorgen, dass wir uns nicht ständig irren. Regeln, die uns vor Fehlschlüssen und Fehlentscheidungen schützen, soweit das angesichts der Fehlbarkeit menschlichen Tuns möglich ist. Wenn wir Homöopathie anerkennen, dann missachten wir die erkenntnistheoretischen Regeln, die man mit Fug und Recht als Menschheitswissen bezeichnen kann – und gewöhnen uns zudem einen falschen Umgang mit wichtigen Regeln und klaren Fakten an.

    • Beliebigkeit

      Naturgesetze werden nicht von Menschen gemacht. Die Naturgesetze sind vorhanden; wir Menschen können sie lediglich erkennen (oder auch nicht erkennen) und beschreiben. Wir schreiben Naturgesetzen aus guten Gr+nden Allgemeingültigkeit zu, das macht sie zum Dreh- und Angelpunkt wissenschaftlicher Erlemmtmos- Wir können Naturgesetze nicht ändern. Wer Homöopathie akzeptiert, der akzeptiert auch, dass sich Naturgesetze beliebig verändern und an eigene Bedürfnisse anpassen lassen. Wer Homöopathie akzeptiert, hat keine Argumente mehr, wenn es um die Existenzfrage von Einhörnern, Trollen, Feen, Elfen und anderen Märchenwesen geht – und auch nicht, um anderen beliebigen Heilsversprechen ohne Evidenz den Zugang zum Gesundheitssystem zu verwehren.

    • Verlust der Entscheidungsfreiheit

      Wer an Homöopathie glaubt, der ist all ihren Verheißungen hilflos ausgesetzt. Er hat keine gültigen Entscheidungskriterien, anhand derer er selbst entscheiden kann, ob etwas sinnvoll ist oder möglich, unsinnig oder unmöglich.
      Dieser Aspekt bewirkt zudem, dass Patienten ihren homöopathischen Therapeuten zwangsläufig nicht “auf Augenhöhe” begegnen können, Homöopathie hat von daher immer einen patriarchalischen Charakter.

    • Es gibt keine friedliche Koexistenz

      Aussagen wie “Man kann doch beides nutzen – Medizin und Homöopathie” oder “Medizin und Homöopathie können doch friedlich nebeneinander existieren” zeugen von Unkenntnis und Unverständnis der Homöopathie. Man kann nicht “Sinn” mit “Unsinn” kombinieren und hoffen, dass es besser wird. Die beste “Mischung” aus Sinn und Unsinn ist 100 % Sinn und 0 % Unsinn! Alles andere ist eine Verwässerung und Verschlechterung – vor allem für Sie als Patient.

    • Falsche Gesundheitserziehung

      Kinder, die bei allen Wehwehchen Globuli bekommen, lernen, dass es gegen jede kleine Befindlichkeitsstörung einen homöopathischen “Ausschalter” gibt. Man wird zur Unachtsamkeit seinem Körper gegenüber erzogen und lernt, dass man für alles ein “Medikament” bräuchte. Das ist aber doch eher das Gegenteil von natürlichem Großwerden.

Wir sind nicht einfach nur “gegen” die Homöopathie, wir setzen uns auch und vor allem für eine bessere Medizin ein.

Selbstverständlich möchten Menschen als Individuen gesehen und behandelt werden und nicht etwa als “Fälle” oder gar “Nummern”. Wir können hier vielleicht etwas von der Homöopathie und ihrem Umgang mit Patienten lernen. Doch die Alternative zu einer schlechten Medizin ist nicht Unsinn und ein letztlich unhaltbares Versprechen, sondern eine bessere Medizin. Wirksame Medizin und wieder mehr Menschlichkeit im Medizinbetrieb!

Aus unserer Sicht gibt es an vielen Ecken etwas zu verbessern:

    • Patienten

      Die Patienten dürfen und sollen sich über die Homöopathie sachlich fundiert  informieren. Sie sollten dabei die naturwissenschaftliche Basis unseres Wissens nicht leichtfertig durch esoterische Glaubenssätze verwässern oder gar ersetzen – auch wenn letztere sich irgendwie gut anhören/anfühlen. Dazu dient auch das Informationsangebot hier auf unserer Webseite.

    • Krankenkassen

      Krankenkassen sollten Homöopathie und Homöopathika nicht bezahlen. Wir sehen darin buchstäblich eine Veruntreuung von Versichertengeldern, ganz unabhängig, ob der Gesetzgeber ihnen solche Erstattungen “erlaubt”. Ob sie es tun, liegt in ihrer eigenen Verantwortung. Es widerspricht den Grundsätzen eines solidarisch finanzierten Gesundheitssystems eklatant, Mittel und Methoden zu finanzieren, die keinen validen Wirksamkeitsnachweis erbringen können.
      Dass vielen Patienten die Homöopathie “gefällt” (das sogenannte Beliebtheitsargument), ist keine ausreichende Begründung dafür, sie zu erstatten. Besser wäre, wenn stattdessen auch Ärzte wieder längere Gespräche mit ihren Patienten führen könnten (und dies auch abrechenbar wäre), man die psychosomatische und psychotherapeutische Grundversorgung weiter ausbauen würde und sich Patienten in der Medizin dadurch wieder wohler fühlen könnten. Dass die Homöopathie-Erstattung zu sinkenden Kosten führen sollte, ist übrigens nicht eingetreten. Das Geld, gleich wieviel, wäre für sinnvollere Therapien weit sinnvoller angelegt.

    • Ärztekammern

      Die Ärztekammern sollten weder Weiterbildungen noch Fortbildungen für Homöopathie anbieten oder mit Fortbildungspunkten “belohnen”. Die Prüfungskommissionen sollten sämtliche Prüfungsfragen zum Thema “Homöopathie” aus den medizinischen Staatsexamina verbannen. Stattdessen sollten zwischenmenschliche Kompetenzen mehr Raum in der Aus- und Fortbildung bekommen.

    • Universitäten

      Die Medizinischen Fakultäten der Universitäten sollten keine Homöopathie-Kurse (derzeit vielfach Wahlpflichtfächer) anbieten. Einzige Ausnahme: Historische Betrachtungen zur Homöopathie im Fach “Geschichte der Medizin” und eine Schulung der künftigen ÄrztInnen, wie sie mit Patientennachfragen zur Homöopathie (und anderer Pseudomedizin) umgehen können.

    • Politik

      Homöopathie im Sinne einer realen Therapieoption darf keinen Platz mehr in der Appobationsordnung für Ärzte haben. Die Politik sollte den Binnenkonsens der “besonderen Therapierichtung” wieder aufheben. Von allen Medikamenten verlangt das Gesetz Wirksamkeitsnachweise auf wissenschaftlicher Basis, um den Arzneimittelstatus zu erlangen. Nur nicht von den Mitteln der “besonderen Therapierichtungen”, zu denen Homöopathika zählen. Bei diesen “Medikamenten” reicht es, wenn sich die Homöopathen gegenseitig die Wirksamkeit bescheinigen – einfach so. Das wäre vergleichbar mit einer kleinen Gruppe von “Teppichpiloten”, die sich gegenseitig bescheinigen, dass man auf fliegenden Teppichen fliegen kann – und dies staatlich anerkannt würde. Wir treten entschieden gegen dieses Zweiklassenprinzip der Medizin ein!


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